Die ökologische Weinbereitung im Brühler Hof Juni / Juli 1976, wochenlange Hitze über 30° Celsius kündigen einen großartigen Jahrgang an. In den frühen Morgenstunden schreiben wir in den Kellerräumen der Kreuznacher Technikerschule unsere Abschluss-Klausuren. Dann ist es geschafft. Wir halten unsere Urkunden in den Händen: „Staatlich geprüfter Techniker für Weinbau und Kellerwirtschaft“ steht darauf. So fühlen wir uns auch – wir, die W e i n m a c h e r . Heute nach 35 Jahren Keller-Erfahrung, nach gemachten, gewordenen, gelungenen und geglückten Weinen sehe ich mich mehr als aufmerksamer Begleiter und weniger als technischer Macher unserer Weine. Ehrenkodex So wie es der gute Koch schafft, ohne Gewürzmischungen, Glutamat und technische Aromen schmackhafte Speisen zu kochen, so gehört es zu meinem Selbstverständnis, Wein möglichst nur aus Trauben zu bereiten. Der Verzicht auf die angepriesenen, meist überflüssigen Schönungsmittel und Zusatzstoffe ist dabei Ehrensache. Zwar ist der Einsatz einiger Fremdstoffe durch unsere kellerwirtschaftlichen Richtlinien des ECOVIN-Verbands schon immer untersagt, doch auch auf vieles Erlaubte verzichte ich aus tiefer Überzeugung. Witterungsbedingte Disharmonie Wenn irgend möglich unterstützen wir die Harmonisierung von Zucker, Säure und Aromen schon in der Traube. Beispielsweise durch spätere Ernte, um der Rebe noch Zeit zu geben, die Säure abzubauen oder noch mehr Zucker zu bilden. Ist dies infolge ungünstiger Witterung mal nicht möglich wird eine sanfte Korrektur bereits beim Most vorgenommen. So kann z.B. überschüssige Säure an Calcium oder Kalium gebunden werden und als sedimentiertes weinsaures Calcium- oder Kaliumsalz (Weinstein) abgetrennt werden. Durch den frühen Einsatz im Most werden die bei der Gärung entstehenden Aromen nicht beeinträchtigt. Ein Mangel an Zucker hätte zu alkoholarme, dünne Weine zur Folge. Dies kommt durch die klimabedingte frühere Reife der Trauben immer seltener vor. Bei den weißen Sorten ist es die absolute Ausnahme. Wenn doch einmal erforderlich, dann erhalten die Hefen der betreffenden Weißmoste oder Rotmaische durch Zusatz von Bio-Rübenzucker vor der Gärung zusätzliches Futter und bilden daraus den fehlenden Alkohol. Diese Maßnahme nennen die Franzosen Chaptalisation, die Deutschen Anreicherung. Sie ist in Deutschland nur bei Qualitätsweinen, nicht aber bei Prädikatsweinen (Kabinett, Spätlese, Auslese usw.) erlaubt. Schonende Behandlung ermöglicht vegane Weine Um aus hochwertigen Trauben wohlschmeckende, bekömmliche Weine zu entwickeln bedarf es nur weniger Hilfsmittel. Da wir alle Trauben unter Aussortierung verdorbener Beeren von Hand ernten, kann beste Qualität des Ernteguts vorausgesetzt werden. Das bedeutet, dass keine negativen Schimmelpilze, Essigsäure und unreife Geiztrauben das Lesegut belasten. Durch die schonende Ernte von Hand, den Transport der ganzen Traube vom Weinberg zum Keller und schließlich die schonende Befüllung der Kelter von oben nur durch Fallkraft, ohne Pumpvorgang, sowie die druck- und bewegungsarme Arbeitsweise der Kelter, gelangen keine überhöhten Mengen Gerbstoff und Trubpartikel aus den Traubenstielen und Beerenhäuten in die Weißmoste. Folglich müssen wir auch keine Reparatur-Stoffe zusetzen, um die negativen Substanzen aus dem Most oder späteren Wein wieder zu entfernen (ausschönen). So verzichten wir gänzlich auf Gerbstoff und Trub bindende Stoffe tierischen Ursprungs, was unsere Weine zu veganen Weinen macht. Hühnereiweiß, Hausenblase (Schwimmblasen von Fischen), Kasein und Schweine-Gelatine, heute vielfach zur Klärung und Gerbstoffreduzierung eingesetzt, haben in unseren Weinen nichts zu suchen. Außerdem verzichten wir grundsätzlich auf Enzymzusatz. Da wir die Maische nicht erhitzen bleiben die mosteigenen Enzyme erhalten und spalten die Pektine ausreichend, wenn man ihnen genügend Zeit lässt. Gerne bedienen wir uns der Eiweiß bindenden Wirkung von Tonerde (Bentonit) bei den Weißmosten. Da Eiweiß in den Weißweinen keine Bindungspartner, wie beim Rotwein den Phenolen, findet, könnte gelöstes Eiweiß im abgefüllten Weißwein evtl. ausflocken und den Wein eintrüben. Um dies zu verhindern rühren wir in den frisch gepressten Most ca. 150 g je 100 Lit. Bentonit ein, warten bis es sich mit den groben Trubstoffen am Fassboden abgesetzt hat und ziehen den blanken zur Gärung bereiten Most über dem Sediment ab. Eine eventuelle Nachschönung beim Wein erfolgt nicht. Es gärt Nicht verzichten möchten wir auf die eigens für die Weinvergärung selektierten sogenannten Reinzuchthefen. Zwar sind die an den Trauben vorhandenen „wilden“ Hefen auch in der Lage den Most in Gärung zu bringen, doch selten in der Lage, die Umwandlung des Zuckers in Alkohol soweit zu führen, dass der Wein als trocken zu bezeichnen ist. Zum anderen bilden diese zufällig vorhandenen Hefen fast immer auch beträchtliche Mengen an Schwefel. Da dieser Schwefel sofort an den während der Gärung sich bildenden Acetaldehyd gebunden wird, kann er keine Schutzfunktion gegen Sauerstoff übernehmen, belastet aber das Gesamt-SO2-Konto erheblich. Die Menge an Gesamt-SO2 ist vom Gesetzgeber begrenzt und durch die europäische Öko-Richtlinie für Kellerwirtschaft speziell für Bioweine besonders niedrig angesetzt. Durch Praktizierung der sogenannten Spontangärung mit wilden Hefen würden wir eine deutliche Erhöhung der Schwefelgehalte riskieren, was leicht dazu führen könnte, dass ein sonst einwandfrei nach Bio-Richtlinien erzeugter Wein seine Bio-Anerkennung verliert. Zudem deuten wissenschaftliche Studien darauf hin, dass spontan vergorene Weine mehr biogene Amine enthalten, was der Bekömmlichkeit abträglich ist. Ob der von pfiffigen Vermarktern so gerne verwendete Hinweis auf Spontangärung auch weiterhin so inflationär verwendet wird, um den Eindruck von besonders ursprünglicher Arbeitsweise und daraus resultierenden authentischen Weinen zu erwecken, bezweifle ich. Was passiert also mit unseren vorgeklärten, mit Reinzuchthefen beimpften Mosten im Gärtank? Sie kommen rasch in Gärung, bilden CO2 und Alkohol und verhindern dadurch die Ausbreitung von unerwünschten, sauerstoffbedürftigen Pilzen und Bakterien. Nach Beginn der Gärung wird das Gärgut so kühl gehalten, dass sich die Hefe viel Zeit lässt, um den Zucker in Alkohol umzuwandeln. Das kann gerne mal 3 – 4 Wochen, bei sehr süßen Mosten auch 2 – 3 Monate dauern. Durch die langsame kühle Vergärung bei ca. 16° C. entweicht das sich bildende CO2 nur ganz gemächlich und reist weniger der sich bei der Gärung bildenden Aromen mit, als wenn ein Most bei 30° Celsius in nur wenigen Tagen vergärt. Die Weine begeistern durch mehr Fruchtaromen und zeigen eine angenehme Frische. Bei der Auswahl der Reinzuchthefe achte ich darauf, dass sie die von mir gewünschten Eigenschaften besitzt: Genügsamkeit im Nährstoffbedarf, Kältetoleranz, Alkoholtoleranz um einige Optionen zu nennen. Dies erlaubt mir den Verzicht auf den heute als unverzichtbar geltenden Nährstoff Diamoniumphosphat und gibt mir die Sicherheit, dass der Wein auch trocken wird, wenn er trocken werden soll. Als Gärstart reichen in der Regel 10 – 15 g Hefe je 100 Liter Weißmost oder Rotmaische. Extra-Wurst: Rotwein Wie der Weißwein die Kühle liebt, so liebt der Rotwein die Wärme. Dies zieht sich vom Weinberg über den Keller bis ins Glas des Weinliebhabers. Dies erklärt auch warum es bei uns mehr Weißwein und in Südeuropa mehr Rotwein gibt. Vor diesem Hintergrund leuchtet auch ein, das die roten Sorten von der fortschreitenden Klimaerwärmung in Deutschland mehr und vor allem noch länger profitieren werden, als die weißen Rebsorten. Das ist so, weil zur Farbstoff-, Phenol- und Alkoholbildung viel Sonne erforderlich ist. Eben diese Stoffe sind es, die den Charakter eines Rotweines wesentlich prägen. Um Farbstoffe und Phenole aus den Beerenhäuten in den ursprünglich recht blassen Saft der europäischen Rotweinsorten zu überführen bedarf es wiederum der Wärme. Hierzu wird häufig, vor allem weil es schnell geht, die Rotweinmaische auf ca. 60° C oder mehr erhitzt. Die Pektin spaltenden- und andere Enzyme werden dabei zerstört. Zur weiteren Verarbeitung müssen wieder Enzyme zugesetzt werden. Mit Blick auf den hohen Energieverbrauch, auf die Zerstörung der Enzyme und auf Nachhaltigkeit und Alterungspotenzial der Weine verbietet sich für mich die Maischeerhitzung zur Rotweinbereitung. Wenn möglich nutzen wir die warmen Nachmittage zur Ernte, um den Rotweintrauben die nötige Wärme für einen flotten Gärstart mitzugeben. Eine langsam drehende Förderschnecke am Boden unseres Traubenwagens führt die Trauben gleichmäßig dosiert einer Entrappungsmaschine zu. Hieraus fallen die leicht angequetschten Beeren in die darunter stehende Gärbütte. Nach Zugabe der Reinzuchthefe kommt die Gärung schnell in Gang und vergärt den Zucker der Trauben bei Temperaturen um ca. 25° – 30° C in etwa 5 bis 10 Tagen. Der gebildete Alkohol löst dabei die Farbstoffe und Phenole aus den Beerenhäuten. Gegenüber den maischeerhitzten Rotweinen enthalten die maischevergorenen mehr Tannine und sind deshalb nicht so schnell trinkreif, haben aber insgesamt mehr Körper und Reifungspotenzial. Mit e i n e r Gärung ist es beim Rotwein noch nicht getan. Nach der alkoholischen Gärung schließen wir grundsätzlich noch eine malolaktische Gärung an. Man bezeichnet sie auch als biologischen Säureabbau. Dabei wird ein Teil der Säure des Weins, nämlich die Äpfelsäure durch Milchsäurebakterien in Milchsäure umgewandelt. Ein Teil der Säure geht dabei verloren und der Wein schmeckt milder. Während der einjährigen Reifung im Holzfass geben wir unseren Rotweinen die Zeit überschüssiges Tannin und Eiweiß auszufällen und durch Sauerstoffaufnahme weicher und runder zu werden. Unseren Frühburgunder und ein kleiner Teil der anderen Rotweine lagern wir ein Jahr im kleinen 225 Liter haltenden neuen Eichenfass (Barrique). Dabei nimmt der Wein Aromen aus dem „getoasteten“ Holz auf und gewinnt an Aromatik und Dichte. Die Wein-Abfüllung Da die Weinabfüllung bei unserer Betriebsgröße nur 4 Tage des Jahres beansprucht verzichten wir auf eine eigene Abfüllanlage. Jährlich, Anfang Februar nimmt ein Lohn-Abfüller mit einer mobilen Abfüll-Anlage die Abfüllung unserer Weine im Innenhof unseres Betriebes vor. Gegenüber dem Weintransport zu einer stationären Anlage bietet die Füllung im eigenen Betrieb entscheidende Vorteile. So ist eine Vermischung mit Fremdweinen gänzlich ausgeschlossen. Ebenso die Verschleppung von Rückständen vorher abgefüllter konventioneller Weine durch Gebrauch der selben Filterschichten. Auch ein Verlust an CO-2 und Aroma während des Umpump- und Transportvorganges unterbleibt. Weil unsere fruchtbetonten trockenen bis edelsüßen Weißweine jung getrunken am besten munden werden sie bereits im Februar nach der Ernte auf Flaschen gezogen. Im Barrique gereifter Chardonnay und Frühburgunder, deren Aroma mehr durch würzige Noten aus dem Holz geprägt ist, bekommen wie alle im Holzfass gelagerten Rotweine ein Jahr länger Reifezeit bis zur Flaschenfüllung. Gefüllt werden die Weine etwa zur Hälfte in neue Flaschen und zur anderen Hälfte in von unseren Kunden zurück erhaltene gebrauchte Flaschen. Weil Flaschen-Spülen energetisch und finanziell vorteilhafter ist als Altglas einzuschmelzen und neue Flaschen daraus zu formen, sind wir auch weiterhin um eine hohe Rücklauf-Quote des Leergutes bemüht. Die Flaschen werden mit Korken verschlossen. Als nachwachsender Rohstoff weist Kork gegenüber anderen Verschlüssen aus Plastik, Metall oder Glas die mit Abstand beste Energie-Bilanz auf. Das Auftreten von einzelnen Flaschen mit Korkgeschmack ist dank stetig weiter entwickelter Korkverarbeitung heute eher eine Seltenheit. So sehen wir derzeit keinen Anlass auf den nachhaltigsten aller Verschlüsse, den Korken für unsere Weine zu verzichten. Lediglich für unseren Traubensaft und SECOVIN-Perlwein scheint uns die Verwendung eines Metall-Verschlusses vorteilhafter zu sein. Für unsere Winzersekte, die wir in der Winzersekt-Erzeugergemeinschaft in Sprendlingen herstellen lassen, ist der Korkverschluss unabdingbar.

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